Gelesen Vonda McIntyre AM HOFE DES SONNENKÖNIGS US 1997
Worum gehts?
Einem Jesuiten und Naturphilosophen gelingt es, ein Meeresungeheuer zu fangen - Ludwig XIV erhofft sich, dass dieser darin das alchimistische "Organ der Unsterblichkeit" findet und dem Sonnenk�nig zum Wohle der Nation ewiges Leben verschaffen kann.
Wie ist das Buch geschrieben?
Einfache Vergangenheit, dritte Person, mehrere Perspektiven. Das Ganze wird auf dem Umschlag als "historische[r] Fantasy-Roman" beworben, aber eigentlich ist es von der Haltung her ein astreiner SF-Roman: Was w�re, wenn es Meermenschen wirklich gegeben h�tte und sie nur (wie manche indigenen St�mme) binnen k�rzester Zeit ausgerottet worden w�ren? Insofern wundert mich der Nebula Award nicht.
Was gefiel nicht so?
- Das F�rstenged�ns
- Einige Bastei-typische Lektoratsschlampereien, die sich aber in Grenzen halten
Was gefiel?
- Eva Eppers ist eine Meister�bersetzerin. Das Buch liest sich wie auf Deutsch verfasst.
- Nie habe ich die Bedrohung im Absolutismus so deutlich gesp�rt - �ber lange Passagen hinweg passiert eigentlich wenig, und doch habe ich um jeden gebangt.
- Cool und seltsam der Erz�hlrhythmus: Fast zeitlupenhaft geht es voran, und dann kommen pl�tzlich �u�erst spr�de vermittelte Wendungen.
- S�mtliche wichtigen Figuren, erfundene wie historische, handeln nachvollziehbar. Das gilt besonders f�r unsere Heldin, die Schwester des Jesuiten.
- Bei dem zwergenw�chsigen Atheisten Lucien de Barenton, Comte de Chr�tien, ist es geradezu schade, dass er keine historische Gestalt, sondern nur Erfindung der Autorin ist.
Gute Stelle?
Ich habe mir keine markiert. Hier einfach ein paar Zeilen der einleitenden Szene:
"D�mons!" rief der Ausguck.
Yves hielt Ausschau nach dem, was der Mann entdeckt haben mochte, aber die Sonne war zu grell, die Entfernung zu gro�. Das Schiff pfl�gte voran, am Bug rauschte und sch�umte das Wasser und der Horizont hob und senkte sich mit der D�nung.
"Dort!"
Voraus, wohin der Bugspriet wie ein Finger wies, schien das Meer zu kochen. Leiber schnellten aus den Fluten, tauchten wieder ein, geschmeidige Gesch�pfe tummelten sich Delphinen gleich in der Gischt.
Das Flaggschiff hielt auf den brodelnden Hexenkessel zu. Sirenengesang erf�llte die Luft. Die Matrosen verstummten in abergl�ubischer Furcht.
Yves beherrschte seine Erregung. Er hatte gewusst, er w�rde sein Wild finden, an diesem Ort, an diesem Tag, nie hatte er im geringsten an der Richtigkeit seiner Hypothese gezweifelt. Nun mu�te er nur noch W�rde und Gelassenheit bewahren.
"Das Netz!" Die Stimme von Kapit�n Desheureux �bert�nte den Gesang. "Das Netz, ihr Tagediebe!"
Zu empfehlen?
Definitiv. Dieser Roman ist einzigartig. Ich kenne nichts Vergleichbares.
Wo aufgest�bert?
Zufallsfund in der Verschenkekiste unserer Bofinger-Bibliothek. Da ich McIntyres TRAUMSCHLANGE aus den 1970ern in sehr guter Erinnerung hatte, habe ich ihn mitgenommen:

(Eigenh�ndiger Scan vom gelesenen Exemplar. Taschenbuch, 606 Seiten. Bastei L�bbe, Bergisch-Gladbach 1999)
Und sonst?
Die �bersetzung ist vor einiger Zeit in einer Neuausgabe unter dem deutlich besseren Titel DAS LIED VON MOND UND SONNE erschienen. Die Sonne, das ist nat�rlich Ludwig XIV; der Mond, da bietet allein schon der Text drei Interpretationsm�glichkeiten an: den Naturphilosophen, den k�niglichen Berater Lucien de Barenton und den tats�chlichen, von den Meerleuten verehrten Erdtrabanten.
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English summary for foreign readers: THE MOON AND THE SUN by Vonda McIntyre is a beauty of a science fiction novel, I never read something like this before.
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